Finnland

In Finnland gibt es insgesamt über 40 Waldorfkindergärten – man nennt sie dort ”Steinerkindergärten” – und Vorschulgruppen mit mehr als 800 Kindern.

 Die Steinerkindergärten kümmern sich um Kinder von 1-6 Jahren. Die meisten sind unabhängige, durch einen Trägerverein gegründete Institutionen. Einige davon arbeiten mit einer nahe gelengenden Steinerschule zusammen. Die Kinder werden mit 7 Jahren eingeschult. Das Jahr davor, das sogenannte Vorschuljahr, kann entweder an einer Schule oder in einem Kindergarten, das ein Vorschuljahr anbietet, besucht werden.

Zusammenarbeit. Die steinerpädagogischen Aktivitäten in Finnland liegen in der Hand des Landesvereins für Steinerpädagogik “Suomen Steinerkasvatuksen liitto”. Der Verein wurde gegründet, um die Zusammenarbeit der Waldorfeinrichtungen zu stärken.


Ausbildung. Die Snellman-Hochschule in Helsinki bietet nach einem Einführungsjahr ein 3 jähriges Klassenlehrer- oder Erzieherstudium an, das mit einem staatlich anerkannten Diplom abgeschlossen werden kann. Besonders im Erzieherstudium wird viel Wert auf Praxis gelegt. Die Studenten machen in jedem Semester ein berufsbegleitendes Praktikum an einem Steinerkindergarten.

Kleinkindpädagogik. Der finnische Staat unterstützt Familien bis deren Kinder drei Jahre alt sind. Daher nehmen viele Kindergärten in der Regel Kinder ab dem 3. Lebensjahr auf. Doch das Bedürfnis, Kinder ab dem 1. Lebensjahr in Pflege zu geben, wird auch in Finnland immer grösser. Daher bieten viele Kindergärten Kleinkinderziehung an, entweder in altersgemischten Gruppen oder in Kleingruppen nur für Kinder unter drei Jahren.

Aktuelle Fragen. Alle Steinerschulen und -Kindergärten sind private Institutionen, werden aber teilweise vom finnischen Staat mitfinanziert, solange sie alle Richtlinien erfüllen und geforderte Erlaubnisse vorlegen können. Steinerpädagogik wird in Finnland als alternative Pädagogik anerkannt, doch es werden Lehrpläne benötigt, die der staatlichen Vorlage angepasst werden müssen, u.a. mit Darstellungen steinerpädagogischer Methoden und Ziele.

Diese Lehrplanarbeit ist in Finnland gerade sehr aktuell gewesen. Es sind neue Lehrpläne erstellt worden, woran die steinerpädagogische Gemeinschaft intensiv zusammenarbeitet hat. Eine besonders große Herausforderung hat u.a. das Thema IT, der Gebrauch von Technologie in Kindergärten und an Schulen, geboten. Anhand der neuen Lehrpläne ist jedoch der Gebrauch von Computern in Steinerkindergärten und in den unteren Schulklassen der Steinerschulen – glücklicherweise – keine Voraussetzung.

Ein Blick zurück. Die Steinerpädagogik (“steinerpedagogiikka”) – wurde Mitte des 20. Jahrhunderts in Finnland bekannt. Im Jahre 1955 wurde die erste Schule in der finnischen Hauptstadt Helsinki gegründet und danach kamen immer mehr Schulen hinzu. Heute sind es 26 mit insgesamt ungefähr 5000 Schülern.

Im Bereich der Vorschulerziehung begann die Entwicklung damit, dass Ende der 60er Jahre die Steinerschulen Vorschulgruppen gründeten. Der erste Kindergarten für Kinder unter 7 Jahren wurde im Jahre 1972 im südöstlichen Lappeenranta gegründet.

Geographische Besonderheiten. Die Steinerkindergärten Finnlands sind überall im Land zu finden, von der Südküste Finnlands bis nach Lappland im hohen Norden, sowohl in den grösseren Städten des Landes als auch in völlig ländlichen Gegenden. Ob Meer, See, Wald oder Feld – überall ist die wunderschöne und intensive finnische Natur mit ihren Farben, Geräuschen und Düften präsent.

Die Natur bietet sich hervorragend für Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten an. Auch die Vielfältigkeit der unterschiedlichen Jahreszeiten ist zu einem wichtigen Teil der Pädagogik geworden. Einen Grossteil des Tages verbringen die Kinder an der frischen Luft, in der Natur, das ganze Jahr lang, bei jeder Wetterlage – und sei es im Winter noch so kalt oder im Herbst noch so nass. Auch das neue Erwachen im Frühling bekommt nach dem kalten, dunklen Winter eine ganz lebhafte Note. Somit werden auch die Jahreszeitenfeste durch den Charakter der zu erlebenden Jahreszeit wunderbar unterstützt.

Tina Iwersen, Erzieherin in einem Steinerkindergarten in Helsinki, Dozentin am Snelman Institut und Mitglied im Council der IASWECE

Kontakt der Landesvereinigung
Internetseite des Ausbildungszentrums


Grossbritannien

Waldorferziehung gibt es im “Vereinigten Königreich” seit über 75 Jahren. Es gibt Waldorfkindergärten in England, Schottland, Wales und Irland (im Norden und auch einige im Süden). 36 Waldorfkindergärten sind an Waldorfschulen angeschlossen, in diesen und und in den unabhängigen Kindergärten, Tagesstätten, Waldkindergärten, Eltern-Kind-Gruppen und neuen Initiativen werden etwa 2000 Kinder von Waldorferziehern betreut.

Fast alle Kindergartenplätze von 3 und 4 jährigen Kindern werden vom Staat subventioniert. Es gibt seit einiger Zeit auch 4 sogenannte “Steiner Akademien”, die zu 100% vom Staat finanziert werden (für Kinder ab 5 Jahren).

Ausbildung. Es gibt zwei Ausbildungskurse, die man mit einem staatlich anerkannten Waldorferzieherdiplom abschließen kann (Niveau 5). Beide Kurse erfüllen auch die Anforderungen der IASWECE Ausbildungsrichtlinien. Ein neu eingerichteter Kurs bietet speziell eine Ausbildung zum Kleinkindpädagogen an. Neben der Waldorfpädagogik steht auch eine Einführung in den pädagogischen Ansatz von Emmi Pickler auf dem Programm. Auch diesen Kurs kann man mit einem staatlich anerkannten Diplom abschließen (Niveau 3)  


Unterstützung für Kindergärten und Schulen. Jede Einrichtung, die den Namen “Steiner” oder “Waldorf” verwenden will, muss Mitglied der “Steiner Waldorf Schools Fellowship (SWSF)” werden, die alle Schulen und Kindergärten unterstützt und die die gemeinsamen Aufgaben durchgeführt. Beratung, Qualitätspflege und Wahrnehmung ob die Mindeststandards eingehalten werden, gehören auch zu den Aufgaben der “Fellowship”. Für Erzieherinnen und Eltern von Waldorfkindergärten erscheint vierteljährlich die Zeitschrift “Kindling” mit Artikeln über Erziehung und Pflege in den ersten sieben Lebensjahren.

Ein Blick zurück: In den 40-iger Jahren schon arbeitete eine Gruppe engagierter Waldorferzieherinnen an diesen Aufgaben, die heute für die Kindergärten von der sogenannten “Steiner Waldorf Early Years Group (SWEYG)” wahrgenommen wird, in der Erzieherinnen, Dozentinnen und Beraterinnen mitarbeiten.  

Janni Nicol – Waldorferzieherin, Koordinatorin der “Steiner Waldorf Early Years Group (SWEYG), Herausgeberin der Zeitschrift “Kindling”, IASWECE Vorstandsmitglied. 

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Adressen der Waldorfkindergärten
Adressen der Ausbildungsstätten


Italien

In Italien gibt es heute etwa dreißig Waldorfkindergärten, in denen insgesamt fast tausend Kinder betreut werden. Die meisten davon befinden sich im Norden des Landes, aber auch im Süden, z.B. in Rom und Palermo, gibt es Waldorfkindergärten.

Zusammenarbeit: Seit 1978 werden zwei Landestagungen veranstaltet, an denen heute über hundert Erzieherinnen teilnehmen. Dreimal im Jahr finden außerdem regionale Fortbildungen statt, sowie eine Woche im Sommer eine intensive seminaristische Arbeit an anthropologischen und pädagogischen Themen. Koordiniert werden die Zusammenarbeit und die Fortbildung der Waldorferzieherinnen von dem 1991 gegründeten Verein „Sole-Luna-Stelle“.

Ausbildung: Es gibt sechs Ausbildungszentren, die von der „Federazione Steiner Waldorf“ anerkannt sind. Die Kurse dauern zwei oder drei Jahre, je nach dem, wie die Ausbildung organisiert ist.

Kleinkindbetreuung. Spontan sind in den letzten Jahren einige Familien- und Kleinkindgruppen entstanden, bisher ist aber keine offizielle von der Vereinigung „Sole Luna Stella“ anerkannt. In vielen Kindergärten wird mit den Eltern die Kleinkinderziehung thematisiert. (Schwangerschaft, Stillen, Ernährung, Phasen der kindlichen Entwicklung). Für den Verein Sole-Lune-Stelle- ist die Kleinkinderziehung ein wichtiges Thema.

Ein Blick zurück. Der erste Waldorfkindergarten wurde 1946 von einer anthroposophischen Elterninitiative in Mailand gegründet. Dank vieler Vorträge und Tagungen über Waldorfpädagogik  in Mailand, wurde die Waldorfpädagogik in den 70iger Jahren bekannter, was zu vielen Neugründungen in ganz italien führte. 

Silvia Rizzoli, Waldorferzieherin in Bologna/Italien und IASWECE Councilmitglied

Waldorfvereinigung in Italien


Niederlande

Die Waldorfkindergärten in Holland sind, wie alle Kindergärten in diesem Land, in die Grundschule integriert. Da jede der 90 Waldorf-Grundschulen im Durchschnitt 3 Kindergartengruppen hat, gibt es in Holland ungefähr 270 Kindergartengruppen. Insgesamt gibt es an Waldorfkindergärten, Waldorfgrundschulen und Waldorfgymnasien an die 19 000 Schüler.

Die Waldorfschulen haben sich hier den Namen „Vrijeschool“ (Freie Schule) gegeben, um ihre Unabhängigkeit von staatlichen Vorgaben zum Ausdruck zu bringen. Die holländische Verfassung garantiert den Eltern freie Schulwahl. Dies bedeutet, dass alle Schulen staatliche Unterstützung bekommen und gleichzeitig große Freiheit haben, ihren Lehrplan zu gestalten. Hierdurch wurde die Entwicklung der Waldorfschulen entscheidend beeinflusst. Die Schulaufsicht prüft regelmäßig, ob die Waldorfschulen die bei aller Freiheit vorgegebenen Grundstandards erfüllt. Die Waldorfbewegung versucht, eine gute Beziehung zur Schulaufsicht zu behalten und gleichzeitig ihre eigene Identität zu entwickeln.

Dies hat sich bewährt: Immer mehr Eltern wählen Waldorferziehung für ihr Kind, 2014/15 wurden 8 neue Schulen gegründet, alle Schulen haben Wartelisten. Die Regierung ist interessiert zu wissen, warum Waldorferziehung so populär ist, in der Presse erscheinen regelmäßig Artikel über die Wichtigkeit von Freispiel und den Gefahren von frühem schulischem Lernen.


Ausbildung. Das Ausbildungszentrum für Waldorfpädagogik in Leyden bietet ein vierjähriges Vollzeitstudium zum Waldorfpädagogen an. In den ersten beiden Jahren gibt es eine Einführung in die Waldorfpädagogik und künstlerische Aktivitäten, im dritten und vierten Jahr spezielle Methodik und Didaktik, entweder für den Kindergarte oder die Schule. Auch ein berufsbegleitendes Studium ist möglich.

Kleinkindbetreuung. Es gibt viele verschieden Formen, Krippen die an eine Schule gebunden sind, Tagesmütter, Spielgruppen zu Hause etc. Eine „Vereinigung für anthroposophische Kleinkindbetreuung“ ist gerade am Entstehen.

Ein Blick zurück. Waldorfpädagogik gibt es in Holland seit 1922, in Den Haag wurde damals die erste Waldorfschule außerhalb Deutschlands begründet, Rudolf Steiner hielt hier eine ganze Reihe pädagogischer Vorträge. Waldorferziehung ist daher ein fester Bestandteil des holländischen Schulsystems geworden. – In den 70iger und 80iger Jahren gab es einen ersten Boom, es sieht so aus als ob wir jetzt eine zweite starke Wachstumsphase erleben.

Jocelyn Roy ist Waldorferzieherin in Delft/ Holland 

Internetseite der Landesvereinigung
Ausbildung 


Österreich

Aktuell gibt es in Österreich 36 Waldorfkindergärten, sowie einige kleinere Initiativen und waldorfverwandte Einrichtungen. Insgesamt 14 Kleinkindgruppen und 9 Spielgruppen (Mutter-Kind-Gruppen)sind zumeist an die bestehenden Kindergärten angeschlossen.

Zur Situation der Waldorfkindergärten kann man sagen, dass die Nachfrage besonders im Kleinkindbereich und in der Ganztagsbetreuung steigt. Die Kindergärten sind durchwegs ausgelastet, und die Elternbeiträge werden derzeit zu 80% staatlich subventioniert – was auch ein breiteres Spektrum an Familien anzieht.Grundsätzlich ist intensivere Elternarbeit erforderlich und mehr und mehr Mobilität und Veränderungen in den Lebensumständen von Familien, wie auch von KindergärtnerInnen, stellen eine zunehmende Herausforderung in der Führung der Kindergärten dar.


Ausbildung. Um eine Ausbildung in der Waldorf-Kindergartenpädagogik auch in Österreich möglich zu machen, wurde in Wien 1990 insbesondere von Brigitte Goldmann ein 3-jähriges berufsbegleitendes Waldorfkindergartenseminar mit monatlichen Modulen ins Leben gerufen, das regelmäßig ca. 45 TeilnehmerInnen zählt. Die Zahl der InteressentInnen ist steigend.Seit 2002 bietet Waldorf-Salzburg einen übergreifende Ausbildung an, wo angehende KindergärtnerInnen und LehrerInnen mit entsprechender Schwerpunktsetzung gemeinsam einen ebenfalls 3-jährigen Lehrgang besuchen können. Die Teilnehmerzahl pendelt um 15. Ein Ausbildungslehrgang für KleinkindpädagogInnen in Wien/Graz fand bisher in unregelmäßigen Abständen in drei Durchgängen, zuletzt 2014/15, statt.

Projekt „Schuleingangsphase“. Derzeit läuft auf Initiative von zwei Waldorflehrerinnen österreichweit ein übergreifendes Projekt zum Übergang vom Kindergarten in die Schule, welches KindergärtnerInnen, Eltern und LehrerInnen einbindet. Nach dem ersten Praxisforum 2014 zum Thema „Schulreife“ wendet sich nun das zweite im Oktober 2015 unter dem Titel „Übergänge gemeinsam schaffen“ besonders der Rolle der Eltern zu.

Ein Blick zurück. Mitte der 20-er Jahre des letzten Jahrhunderts gab es in Wien ein reges anthroposophisches Leben und in der Zeit nach dem Tod Rudolf Steiners war der Enthusiasmus für eine Neugestaltung der Erziehung sehr lebendig. 1927 entstand ein erster Kindergarten und eine 1. und 2. Schulstufe mit gemeinsamem Unterricht wurde begonnen. Die Schule entwickelte sich bis zur 10. Klasse und auch der Kindergarten wuchs – beide an wechselnden Standorten, bis dann 1938 aus politischen Gründen die Schließung erfolgen musste.

Nach 1945 ist die Wiedergründung eines Waldorfkindergartens 1955 allen voran Bronja Zahlingen zu danken. Es dauerte jedoch bis 1972, bis der Grundstein für einen Kindergarten-Neubau im Anschluss an die 1967 in Wien-Mauer gegründete Schule gelegt werden konnte. Wie schon in Wien fanden sich auch im übrigen Österreich Familien mit Pioniergeist, die in der Folge ihre besten Kräfte für Kindergarten- und Schulgründungen in Linz, Klagenfurt, Graz, Salzburg, Wien-Pötzleinsdorf, Innsbruck, Schönau, Wien-West und Kufstein einsetzten.

Internetseite Waldorfbund ÖsterreichWebsite der Waldorferzieherausbildung in Wien


USA

Die Geschichte der Waldorferziehung in den USA begann mit der Gründung der Rudolf Steiner Schule in New York im Jahr 1927. Es hat dann bis Ende der 60-iger Jahre gedauert bis eine starke Gründungswelle einsetzte, die Zahl der Waldorfschulen und –Kindergärten wuchs von 9 im Jahre 1967 auf heute etwa 200 Einrichtungen (Waldorfkindergärten, -Krippen, Kindertagesstätten, Eltern-Kind Gruppen.)

Waldorfschulen und -Kindergärten bekommen in der Regel keine finanzielle Unterstützung vom Staat. Dies bedeutet einerseits Freiheit von staatlichem Einfluss auf den Lehrplan, bringt aber andererseits große finanzielle und soziale Herausforderungen mit sich.

Zusammenarbeit: Im Jahre 1983 wurde eine Vereinigung der Waldorfkindergärten gegründet und heißt seit Ende der 90-iger Jahre Waldorf Early Childhood Association of North America (WECAN). Die Vereinigung wird durch einen Vorstand geleitet, der aus erfahrenen Waldorferziehern und Ausbildern besteht, die Aufgaben werden durch ein Team von Teilzeitmitarbeitern durchgeführt, die für die Bereiche Koordination, Verwaltung, Veröffentlichungen, Ausbildung und Mitgliedschaft zuständig sind. Einundzwanzig Regionalvertreter koordinieren die Arbeit in den Regionen.

Zusätzlich zu den Regionaltagungen organisiert WECAN auch eine größere Tagung in Spring Valley, New York, an der jedes Jahr im Februar ungefähr 400 Waldorferzieherinnen und    Erzieher teilnehmen. Außerdem publiziert die Vereinigung Rundbriefe und eine Zeitschrift, sowie Bücher für Eltern und Erzieher (http://store.waldorfearlychildhood.org/)

WECAN ist eine von der Vereinigung der Waldorfschulen Nordamerikas unabhängige Organisation, es besteht aber eine gute Zusammenarbeit. Beide koordinieren nicht nur die nationale sondern auch die kontinentale Zusammenarbeit, Waldorfeinrichtungen in Kanada und Mexiko sind ebenfalls Mitglied dieser Vereinigungen. WECAN ist Mitglied in der IASWECE.


Ausbildung: Von allen Gruppenleitern in Waldorfkindergärten wird erwartet, dass Sie eine Ausbildung für Waldorferzieher absolviert haben. In den USA gibt es 10 Seminare und Ausbildungsstätten, fünf davon sind Mitglied bei WECAN, die anderen fünf haben die Mitgliedschaft beantragt. Alle erfüllen die Richtlinien von IASWECE und WECAN und schließen mit einem Waldorfdiplom ab. Es handelt sich bei allen um eine zwei- bis dreijährige berufsbegleitende Teilzeitausbildung mit zwei- bis dreiwöchigen Intensivkursen im Sommer und einwöchigen bzw. Wochenendkursen während des Schuljahres. Einer der Kurse wird in Kooperation mit einer staatlichen Universität durchgeführt.

The training programs collaborate with one another through a membership path that includes self-study and peer review through site visits.

Susan Howard, Dozentin am Sunbridge Institut in Spring Valley bei New York, Mitglied der Koordinationsgruppe von WECAN und IASWECE

Internetseite der Landesvereinigung (WECAN)


Frankreich

In Frankreich gibt es 21 Waldorfkindergärten – ungefähr die Hälfte davon sind Teil einer Waldorfschule. Ein großer Teil befindet sich in der Gegend um Paris, in der Region Provence-Alpes-Côte-d’Azur und im Elsass.

Viele Kindergärten haben nur bescheidene Räumlichkeiten und finanzieren sich fast ausschließlich aus Elternbeiträgen. Geld vom Erziehungsministerium gibt es nur, wenn man das staatliche Kurrikulum einhält – aber dies lässt für Waldorferziehung so gut wie keinen Platz. Bei den Eltern und Erzieherinnen findet man daher oft eine große Portion Idealismus und Improvisationsgabe – ohne die lässt sich im zentralistisch geregelten Schulwesen Frankreichs kein Raum für freies Spiel erkämpfen.

Vom Geldmangel abgesehen gibt es aber günstige Arbeitsbedingungen: Jeder Kindergarten ohne staatliche Subvention hat die denkbar größte pädagogische Freiheit, auch in Bezug auf das Einschulungsalter.


Ausbildung. Zwei Ausbildungszentren (in Chatou bei Paris und in Avignon) bieten eine berufsbegleitende dreijährige Ausbildung in Waldorfpädgogik an. Einige Dozenten setzen sich dafür ein, eine staatlich anerkannte Erzieherausbildung einzurichten, die auch Elemente der Waldorfpädagogik einbezieht. Bisher noch ohne Erfolg.

Zusammenarbeit. Seit 1995 arbeiten Waldorfschulen und –kindergärten in der „Fédération des écoles Steiner-Waldorf“ zusammen. Im Herbst gibt es ein gemeinsames Landestreffen, im Frühjahr eine spezifische Tagung für Waldorferziehung von Geburt bis sieben.

Kleinkindbetreuung. Es gibt fünf Krippen, deren Mitarbeiterinnen sich an der Waldorfpädagogik orientieren. Eine Gruppe von 15 ausgebildeten Waldorferzieherinnen hat in den letzten Jahren eine Fortbildung in Waldorf Kleinkindbetreuung gemacht. (mit Michaela Glöckler und Geseke Lundgren). Diese Initiativgruppe veranstaltet regionale Fortbildungen und möchte den Bereich Kleinkindbetreuung in die bestehenden Ausbildungen integrieren.

Ein Blick zurück. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist die Betreuung und Erziehung von Kindern ab drei Jahren Teil des staatlichen, streng laizistischen Schulwesens. Die „école maternelle“ bietet seither kostenlos schulische Aktivitäten für 3 bis 6 jährige an, sowohl vor- wie nachmittags. Formales, schulisches Lernen und kostenlose Betreuung für Kinder ab 3 sind also seit über hundert Jahren Gang und gäbe. Wen wundert es, dass die 1949 in Strasbourg und bald danach in Paris gegründeten Waldorfkindergärten lange keine Nachfolger fanden? Erst seit in den 80iger und 90iger Jahre deutlich wurde, dass das staatliche Schulwesen nur schwer reformierbar ist, setzte eine bis jetzt sehr bescheidene Gründungswelle von Waldorfkindergärten ein.

Philipp Reubke,  Waldorferzieher in Mulhouse/Frankreich und Mitglied der IASWECE Koordinationsgruppe

Landesvereinigung 
Adressen der Waldorfkindergärten
Ausbildung Chatou
Ausbildung Avignon


Chile

In Chile – einem Land mit großen geographischen und kulturellen Unterschieden zwischen Nord und Süd- gibt es sieben Waldorfkindergärten und mindestens ebenso viele Initiativen für Neugründungen.

Nach mehreren Jahren Vorbereitung haben die Waldorferzieherinnen im Jahre 2014 die „Vereinigung für Waldorferziehung in Chile“ gegründet. Ihr erstes Ziel war dabei, die Erzieherinnen und die Einrichtungen in eine Form von Zusammenarbeit zu bringen, weil durch die großen Entfernungen eine Trennung zwischen den Initiativen im Süden und Norden des Landes zu Stande gekommen war.

Chile 15 01 Summer course with Helle and Louise

Eine der ersten Aktionen des neugegründeten Vereins war die Durchführung von zwei fünftägigen Fortbildungen im Januar 2015 – eine in Santiago, die andere in Pucon, beide mit demselben Programm und denselben Dozenten. Diese Veranstaltungen wurden in Santiago von über 60 und in Pucon von über 50 Teilnehmern besucht und konnten dank der finanziellen und pädagogischen Unterstützung der IASWECE durchgeführt werden. Für 2016 und 2017 sind weitere Veranstaltungen dieser Art geplant.

Eine weitere Aufgabe, die sich der Verein gestellt hat ist der Aufbau von regelmäßigen Kontakten mit Mitarbeitern des Erziehungsministeriums, das dabei ist eine Erziehungsreform einzuleiten. Die neue Politik in Bezug auf Kleinkinderziehung soll auf diese Weise mitgestaltet werden. Die Arbeit auf diesem Gebiet hat sich gut entwickelt: Waldorferziehung hat im Erziehungsministerium einen guten Ruf.

Louise de Forest, ehemalige Waldorferzieherin in den USA, international tätige Dozentin, Mitglied im IASWECE Council. Sie hat mehrmals in Chile Kurse gegeben.


Polen

Es gibt zurzeit 10 Waldorfkindergärten in Polen. Sie gehören Vereinigungen, Stiftungen oder Privatpersonen und sind unterschiedlich in Grösse, Anzahl der Gruppen und Öffnungszeiten. Alle sind teils durch staatliche Zuschüsse und teils durch die Eltern finanziert.

Es gibt auch viele durch die Waldorfpädagogik inspirierte Kindergärten in Städten wie Poznań, Grudziądz,  Bielsko Biała, Krakau, Wieliczka, Siemianowice und Wrocław. Einige sind daran interessiert, Waldorfkindergärten zu werden. In Warschau gibt es einen durch die Waldorfpädagogik inspirierten staatlichen Kindergarten, auch für Kinder mit Behinderungen.

Die Kindergärten bieten keine Tagesbetreuung für Kinder unter drei Jahren an. Das Bedürfnis danach wächst langsam und als Antwort darauf finden in manchen Kindergärten einmal in der Woche Treffen oder Spielgruppen statt.

Kinder in  Warschau, Krakau, Poznań und Bielsko Biała können nach dem Kindergarten ein Waldorfschule besuchen. In diesen Städten gibt es Grundschulen mit 6 Klassen. In den drei erstgenannten Städten gibt es waldorfinspirierte Mittelschulen mit den Klassen 7 bis 9. Die Schule in Warschau plant jetzt, Oberstufenklassen 9 bis 12 zu eröffnen.

 
Ein Blick zurück. Die ersten Kindergärten in Polen waren kleine Gruppen in privaten Wohnungen, für die Kinder der Kindergärtnerin und die ihrer Freunde. Nach dem politischen Wechsel 1989 war es möglich, offen über Waldorfpädagogik und Anthroposophie zu sprechen und Vorträge und Workshops begannen stattzufinden.

Es wurde auch möglich, nicht-öffentliche alternative Schulen und Kindergärten zu eröffnen. In den späten 1980ern und frühen 1990ern begann die Eröffnung von Waldorfkindergärten, einige mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland, einige aus eigener Kraft.

Zusammenarbeit. Waldorfkindergärten und –Schulen sind zusammen in einer Vereinigung, der Związek Szkół i Przedszkoli Waldorfskich w Polsce (Vereinigung von Waldorfschulen und Kindergärten in Polen). Die Kindergärten haben ihre eigene Abteilung in der Vereinigung. Die Kindergärtnerinnen treffen sich regelmäßig und arbeiten zusammen. Es gibt eine große, offene nationale Tagung jährlich und mehrere kleinere Tagungen oder Workshops das Jahr über.

Ausbildung.  1992 wurde mit der tätigen Hilfe von Joop van den Heuvel aus Holland und von Maria Ziemska, einer Professorin der Warschauer Universität, eine Waldorflehrerausbildung an der Warschauer Universität organisiert als postgraduiertes Studium. In diesem Studienkurs, Podyplomowe Studium Edukacji Niezależnej, wurden seitdem Kindergärtnerinnen und Lehrer ausgebildet. Zuerst kamen die Dozenten aus Holland, Deutschland oder Österreich, jetzt sind die meisten Dozenten Polen.

Die Studenten kommen einmal im Monat nach Warschau, das in der Mitte des Landes liegt und meistens leicht mit der Bahn, dem Bus oder dem Auto in einigen Stunden zu erreichen ist. Sie nehmen an den Vorträgen und Workshops von Freitagnachmittag bis Sonntag teil. Sie kommen auch zu einem Intensivkurs im Sommer und sammeln Arbeitserfahrung in Kindergärten in Polen oder im Ausland. Der Ausbildungskurs wird von der IASWECE unterstützt.

Aktuelle Anliegen. Unsere Probleme sind strenge sanitäre und Seuchen betreffende Vorschriften, die oft unsere Art mit den Kindern zu arbeiten verhindern oder sie erschweren. Es kostet eine Menge Zeit und Kraft, mit den Behörden zu sprechen und die gesetzliche Genehmigung für unsere Art zu erhalten, und oft ist es nicht möglich. Zum Beispiel dürfen wir nicht mit den Kindern kochen oder Nahrung vorbereiten. Die Küche muss so strenge Anforderungen erfüllen, dass die meisten Kindergärten ihnen nicht nachkommen  können. Diese Vorschriften betreffen auch viele kleine Dinge wie Sand, Stühle oder Handtücher….

Andere Probleme entstehen durch sich ändernde Erziehungsvorschriften und Lehrpläne. In den letzten paar Jahren gab es viele Änderungen mit dem Übergang in die Schule und dem Alter für die Einschulung. Die Entwicklung und die Bedürfnisse der Kinder in Polen sind stark beeinflusst durch wirtschaftliche und politische Interessen.

Die Ausbildungsstätten für Kindergärtnerinnen und Lehrer arbeiten daran, die Waldorfpädagogik darzustellen und bekannt zu machen. Diese Pädagogik ist nicht sehr bekannt und einige in unserem Land haben unglücklicherweise ein verzerrtes Bild von ihr. Wir arbeiten daran, das zu ändern.

Maja Rębkowska ist Waldorfkindergärtnerin in Warschau und ist Mitglied  im Council der IASWECE.

Internetseite der Waldorfvereinigung in Polen