In Frankreich gibt es 21 Waldorfkindergärten – ungefähr die Hälfte davon sind Teil einer Waldorfschule. Ein großer Teil befindet sich in der Gegend um Paris, in der Region Provence-Alpes-Côte-d’Azur und im Elsass.
Viele Kindergärten haben nur bescheidene Räumlichkeiten und finanzieren sich fast ausschließlich aus Elternbeiträgen. Geld vom Erziehungsministerium gibt es nur, wenn man das staatliche Kurrikulum einhält – aber dies lässt für Waldorferziehung so gut wie keinen Platz. Bei den Eltern und Erzieherinnen findet man daher oft eine große Portion Idealismus und Improvisationsgabe – ohne die lässt sich im zentralistisch geregelten Schulwesen Frankreichs kein Raum für freies Spiel erkämpfen.
Vom Geldmangel abgesehen gibt es aber günstige Arbeitsbedingungen: Jeder Kindergarten ohne staatliche Subvention hat die denkbar größte pädagogische Freiheit, auch in Bezug auf das Einschulungsalter.
Ausbildung. Zwei Ausbildungszentren (in Chatou bei Paris und in Avignon) bieten eine berufsbegleitende dreijährige Ausbildung in Waldorfpädgogik an. Einige Dozenten setzen sich dafür ein, eine staatlich anerkannte Erzieherausbildung einzurichten, die auch Elemente der Waldorfpädagogik einbezieht. Bisher noch ohne Erfolg.
Zusammenarbeit. Seit 1995 arbeiten Waldorfschulen und –kindergärten in der „Fédération des écoles Steiner-Waldorf“ zusammen. Im Herbst gibt es ein gemeinsames Landestreffen, im Frühjahr eine spezifische Tagung für Waldorferziehung von Geburt bis sieben.
Kleinkindbetreuung. Es gibt fünf Krippen, deren Mitarbeiterinnen sich an der Waldorfpädagogik orientieren. Eine Gruppe von 15 ausgebildeten Waldorferzieherinnen hat in den letzten Jahren eine Fortbildung in Waldorf Kleinkindbetreuung gemacht. (mit Michaela Glöckler und Geseke Lundgren). Diese Initiativgruppe veranstaltet regionale Fortbildungen und möchte den Bereich Kleinkindbetreuung in die bestehenden Ausbildungen integrieren.
Ein Blick zurück. Seit Ende des 19. Jahrhunderts ist die Betreuung und Erziehung von Kindern ab drei Jahren Teil des staatlichen, streng laizistischen Schulwesens. Die „école maternelle“ bietet seither kostenlos schulische Aktivitäten für 3 bis 6 jährige an, sowohl vor- wie nachmittags. Formales, schulisches Lernen und kostenlose Betreuung für Kinder ab 3 sind also seit über hundert Jahren Gang und gäbe. Wen wundert es, dass die 1949 in Strasbourg und bald danach in Paris gegründeten Waldorfkindergärten lange keine Nachfolger fanden? Erst seit in den 80iger und 90iger Jahre deutlich wurde, dass das staatliche Schulwesen nur schwer reformierbar ist, setzte eine bis jetzt sehr bescheidene Gründungswelle von Waldorfkindergärten ein.
Philipp Reubke, Waldorferzieher in Mulhouse/Frankreich und Mitglied der IASWECE Koordinationsgruppe
Landesvereinigung
Adressen der Waldorfkindergärten
Ausbildung Chatou
Ausbildung Avignon