China

Es gibt heute über 300 Initiativen, die Waldorferziehung praktizieren (Kindergärten, Kindertagesstätten, Kindergärten in Wohnungen von Eltern, Krippen und Eltern-Kind Gruppen) und über 50 Schulen, die sich an der Waldorfpädagogik orientieren. Waldorferziehung breitet sich schnell in China aus.

Ein Blick zurück. Im Jahre 2004 wurden der erste Waldorfkindergarten und die erste Waldorfschule in Chengdu gegründet. Alles begann damals mit einer Kindergartengruppe mit fünf Kindern, die von Li Zhang geleitet wurde. Mit Hilfe der IASWECE, der Pädagogischen Sektion am Goetheanum und den „Freunden der Erziehungskunst“ wurde 2010 das „Chinesische Ausbildungs- und Mentoring Programm für Waldorferziehung“ ins Leben gerufen (=Waldorf Early Childhood Training and Mentoring Programm in China, WECC). Thanh Cherry übernahm die Aufgabe der Koordinatorin. WECC hat seither die Ausbildung und Praxisanleitung im ganzen Land organisiert.

Zusammenarbeit. Um die wachsende Waldorfkindergartenbewegung zu unterstützen, haben Thanh Cherry, Li Zhang und andere Kolleginnen im Jahre 2011 das „Chinesische Forum für Waldorferziehung“ gegründet (=China Waldorf Early Childhood Education Forum, CECEF). Die Initiativgruppe von CECEF besteht aus Vertreterinnen der sechs Regionen, in denen es Waldorfkindergärten gibt. Li Zhang ist die Vorsitzende. Seit 2014 ist CECEF Mitglied in der IASWECE. Seit 2015 ist Thanh Cherry nicht mehr WECC Koordinatorin, aber begleitet weiterhin die Arbeit als Beraterin. Kathy MacFralane aus Neuseeland hat die Stelle der Koordinatorin übernommen, was eine enorme Aufgabe ist.

 
Das Erziehungswesen in China. Waldorferziehung ist eine radikale Alternative zur chinesischen Staatschulerziehung. Diese legt den Schwerpunkt schon völlig auf formales, intellektuelles Lernen, Auswendiglernen und Tests. Immer mehr Eltern betrachten die Waldorfpädagogik als eine mögliche Alternative.

Auch für die Waldorfausbildung gibt es ein starkes Interesse. Sie wird als Möglichkeit zur Persönlichkeitsentwicklung geschätzt, die den Beruf des Erziehers und Lehrers wieder interessant macht. Viele Eltern und Pädagogen sind motiviert, sich an der Gründung und der Leitung eines Waldorfkindergartens oder einer Schule zu beteiligen.

Viele Menschen sehen Bezüge von Waldorfpädagogik zur traditionellen chinesischen Kultur, insbesondere zum Taoismus und zur chinesischen Medizin. Sie finden, dass Waldorferziehung ihnen erlaubt, ihre eigene Kultur und  ihre Traditionen auf Neue schätzen zu lernen und integrieren Elemente davon in den Kindergartenalltag.

Ausbildung.  Zurzeit werden in sechs verschiedenen Städten dreijährige berufsbegleitende Ausbildungskurse in Waldorferziehung angeboten: in Chengdu, Beijing, Xian, Nanjing, Guangzhou und Hong Kong. Über 800 Studenten sind in diesen von WECC organisierten Ausbildungskursen eingeschrieben. Zusätzlich werden eine ganze Reihe von Kursen und Seminaren zu speziellen Themen angeboten wie zum Beispiel: die Arbeit mit dem Kind von Geburt bis drei, Management einer Einrichtung, Einführungskurse. Dies Aktivitäten werden von CECEF organisiert.

Waldorfkindergärten und –Tagesstätten. In China haben alle Waldorfeinrichtungen altersgemischte Gruppen mit Kindern von 3 bis 7 Jahren. Die Öffnungszeiten sind meistens von 8h30 bis 16h30. An den meisten Einrichtungen gibt es auch Eltern-Kind Gruppen mit Kindern von anderthalb bis dreieinhalb Jahren, die an zwei oder drei Vormittagen stattfinden.

Anliegen und Fragen. Da sich immer mehr Eltern für die Waldorfpädagogik entscheiden und immer mehr Kindergärten gegründet werden, ist die größte Herausforderung im Moment der Mangel an ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern. Ein weiteres Problem ist, dass es für die Studentinnen und Berufsanfänger nicht genügend gut etablierte Kindergärten gibt, in denen sie Praktika machen können. Auch mangelt es an erfahrenen Erziehrinnen, die die Praxisanleitung von Berufsanfängern machen können.

Eine weitere Herausforderung sind die strengen Auflagen des Erziehungsministeriums, die die Einrichtungen erfüllen müssen. Es ist sehr schwierig, eine offizielle Genehmigung zu bekommen.

In der Öffentlichkeit und auch in Waldorfkreisen wird über die Frage debattiert, was der Stellenwert der religiösen Erziehung in der Waldorfpädagogik ist und inwiefern sie die Kinder darauf vorbereitet, sich in das staatliche Erziehungssystem einzufügen.

Li Zhang, Waldorferzieherin und Dozentin in der Ausbildung in Chengdu, Mitglied im Vorstand von CECEF und im IASWECE Council